Projektshooting mit Kathrin
1. Stell dich doch mal kurz vor ( Name, Alter, Beruf wenn vorhanden, mit welchem Hintergrund du mitmachst)
Mein Name ist Kathrin und bin 24 Jahre alt. Ich habe vor 8 Jahren den Beruf der Krankenschwester gelernt und darf ihn seit diesem Jahr nicht mehr ausüben. Diagnose Morbus Bechterew.
2. Deine Krankheit wurde ja länger nicht erkannt. Wie war der Weg bis zur Diagnose ?
Der Weg zur Diagnose war alles andere als einfach. Mit meinen Knien habe ich schon lange Probleme, immer wieder Schmerzen, Funktionseinschränkungen seit meinem 14. Lebensjahr.
2012 kamen die ersten Rücken- und Hüftschmerzen, die die Ärzte (und auch ich) auf meinen Beruf und die schwere körperliche Arbeit schoben.
Nach und nach habe ich verschieden Orthopäden und Spezialisten aufgesucht die mir mehrere Fehlstellungen in Hüft- und Kniegelenken diagnostizierten. In den oben genannten Gelenken wurde dann auch schon Arthrose festgestellt und die Ärzte schienen immer ratloser was die heftigen Schmerzen bei mir auslöst.
Als ich dann immer wieder Ausfälle (Sensibilitätsstörungen, Taubheitsfühl) im rechten Bein hatte kam Januar 2018 noch der Befund zweier Bandscheibenvorfälle hinzu. Im Verlauf der MRT Kontrollen fielen Entzündungen und degenrative Veränderungen im ISG (ISG =Ileosacralgelenk, verbindet Wirbelsäule mit dem Becken) und der Lendenwirbelsäule auf. Bei einem Konsiliararzt wurde dann das Antigen HLA-B27 nachgewiesen, welches allerdings keinen sicheren Nachweis der Krankheit ist.
Die Ärzte haben die Diagnose dann doch verworfen, ich bekam zwei Monate wöchentlich Spritzen in die Wirbelsäule. Mein langjähriger Orthopäde fand Morbus Bechterew auch nie passend zu meinen Symptomen,hat mir dies auch bei jeder Nachfrage zu verstehen gegeben, wollte mir lieber BTM verschreiben und Schmerzmittel ins Gelenk spritzen als eine logische Erklärung für meine Schmerzen zu suchen.
Mit der Begründung der Bandscheibenvorfälle und da ich ja schon längst als chronische Schmerzpatientin galt beantragte ich eine orthopädische Rehabilitation. Während dieser Zeit hatte ich einen Termin bei einem Rheumatologen. Mein Hausarzt hielt Morbus Bechterew noch immer für eine mögliche Erklärung für meine Beschwerden. Der Termin beim rheumatologischen Facharzt war kurz. Er hat meine (mittlerweile stattliche) Krankenakte kurz durchgeblättert, mich von meinen Symptomen erzählen lassen und der Fall war für ihn ganz klar. Ich habe Bechterew. Eine unheilbare rheumatologische Autoimmunerkrankung.
Vor der Diagnose war mein Leben die Hölle. Ich wusste nie wie der morgige Tag wird bzw ob ich in einigen Stunden noch laufen kann. Es wurde von Jahr zu Jahr schlimmer, in Knien, Becken und Wirbelsäule. Ich bin Schmerzen gewöhnt, lebe ja seit Jahren mit ihnen und doch kann ich nicht beschreiben wie stark solche Schmerzen sind.
Für mich noch immer schleierhaft wie ich in dieser Zeit arbeiten konnte. Wenn ich morgens aufgewacht bin war es immer ein Glücksspiel: Kann ich mich heute auf die Seite drehen? Kann ich aufstehen? Kann ich meine Beine belasten? Wie komme ich auf Toilette wenn doch davon nichts funktioniert?!
Oft werden die Schmerzen durch Bewegung besser, sodass ich tagsüber etwas symptomärmer unterwegs war. Nachts nehmen die Beschwerden jedoch wieder zu, daher habe ich schon unzählige Nächte durchgemacht, die Heizdecke immer an den schmerzlichsten Stellen. Medikamente? Haben nicht im geringsten geholfen.
3. Wie kommst du im Alltag mit deinen Einschränkungen zurecht ?
Die schlimmsten Tage sind die, an denen nichts mehr hilft. Bewegung kaum möglich,nur unter größten Schmerzen. Aufstehen dauert bis zu einer Stunde, Laufen unter größter Konzentration. Ein Schritt nach dem anderen, teilweise in so starker Schonhaltung damit meine Beine nicht wieder versagen.
Ich benutze sämtliches Mobiliar und Wände als Stütze, meine Freunde nicht ausgeschlossen davon. Die sind übrigens meine wichtigste Stütze in meinem Leben. Mein bester Freund hat mir regelmäßig geholfen Schuhe und Socken anzuziehen. Getränkekästen, Möbel, Reifenwechsel,... alles über 5kg darf ich nicht heben, bin ich auf Hilfe angewiesen.
Fremde zu fragen ist sehr unangenehm. Im Getränkemarkt sortiere ich zB zuerst die Flaschen aus der Kiste heraus, stelle die leere Kiste auf meinen Wagen und fülle ihn wieder mit den Flaschen. Mittlerweile bekomme ich Medikamente die die Entzündungen in Schach halten und ich habe weniger schlechte Tage.
4. Wieso hast du dich entschieden bei dem Projekt mitzumachen?
Unter anderem mache ich bei dem Projekt mit um anderen zu zeigen dass es egal ist wie alt man ist oder wie man aussieht, jeder kann von einer Krankheit betroffen sein, physisch oder psychisch.
Man sieht es dem Gegenüber nicht an. Oder hättet ihr gedacht dass sich so eine Krankheit hinter diesen Fotos versteckt?
5. Hast du oft mit Diskriminierung und dummen Sprüche zu kämpfen?
Ich wurde in den Krankenhäusern in denen ich gearbeitet hab, liebevoll „Oma“ genannt von meinen Kollegen. Die haben teilweise Verständnis mir entgegen gebracht aber oftmals hieß es auch ich hätte keine Lust auf Arbeit.
Wer mich allerdings unter Schmerzen erlebt hat, wenn ich sie nicht mehr verstecken konnte, konnte einigermaßen nachvollziehen wie schwer mir das arbeiten fiel.
Bei meinem letzten Arbeitgeber, eine Zeitarbeitsfirma hatte ich leider mehr als Pech. Kein Verständnis, psychischer Druck und die Kündigung während meiner Krankschreibung hat mir gezeigt dass ich eindeutig den falschen Arbeitgeber hatte.
In einer Beziehung ist es übrigens auch nicht so der Anheizer wenn abendlich die Gelenke knacksen und man nie Lust hat auszugehen weil man eventuell später nicht mehr laufen kann. Der Partner weiß nicht wie er damit umgehen soll und letztendlich verdrängt und ignoriert er alles was mit den körperlichen Beschwerden zu tun hat.
Ich bin jetzt Single und im Dating echt schlecht. Wann sagt man demjenigen dass man äußerlich jung ist aber die Gelenke einer 80jährigen hat. Nicht zu vergessen dass ich auch schon abserviert wurde mit der Begründung er wüsste nicht ob ich evtl in 10 Jahren im Rollstuhl lande.
Allgemein Menschen kennen lernen fällt mir schwer, viele können mit meiner Erkrankung nicht umgehen oder nehmen mich überhaupt nicht ernst.